Oder: Wir wählen einen Bundestag
Meine Reise hat mich von Tel Aviv nach Eilat geführt, dann über die Grenze nach Aqaba, weiter über Wadi Rum, Petra und das Tote Meer nach Amman, der Hauptstadt Jordaniens. Hier sitze ich nun, trinke Eistee in der Turtle Green Tea Bar, habe offensichtlich eine funktionierende Internetverbindung und bin doch ganz weit weg von der Welt. Nach Monaten, in denen ich hauptsächlich mit verschiedenen Hausarbeiten und meiner Bachelorarbeit beschäftigt war, bin ich froh, gerade einfach Ruhe zu haben.
Vor der Wahl habe ich noch große Reden geschwungen gegen die Politikverdrossenheit der Deutschen, habe die Leute daran erinnert, wählen zu gehen. Als am Sonntag gewählt wurde, hat mich das nur noch am Rande interessiert. Als die ersten Hochrechnungen kamen, hatte ichgerade kein Internet zur Verfügung. In Deutschland hätte mich das wahrscheinlich nervös gemacht, aber hier war es mir egal. Meine Mutter hat mir im Laufe des Abends mehrere SMS mit den aktuellen Hochrechnungen geschickt, ich habe sie gelesen, kurz darüber nachgedacht und mich dann wieder dem Urlaubsgefühl hingegeben.
Auf Facebook war es erstaunlich ruhig, Anhänger aller politischen Lager schienen enttäuscht von diesem Ergebnis, das alle Optionen offen lässt und doch für niemanden ein Sieg ist. Ich erinnere mich gut an den Abend nach der Wahl vor vier Jahren, als klar war, dass es eine schwarz-gelbe Koalition geben würde. Ein paar Leute haben sich gefreut über den Sieg, die meisten meiner Freunde hingegen waren wenig begeistert, haben "vier weitere kalte Jahre" vorhergesagt. 2013 würde Merkel schon ihre Quitting bekommen. Nun geht es los, das Koalitionstheather, die ersten Wahlversprechen werden gebrochen, und ich habe die Nase voll.
Am 01.10. bin ich wieder zurück in Deutschland, stehe mit beiden Beinen auf (deutschem) Boden. Es ist die Distanz, die mich apathisch macht. Was juckt mich Merkel, was jucken mich Rücktritte und Veränderungen in allen Parteien, wenn ich hier sitzen kann mit einem Buch in der Hand und einem Eistee auf dem Tisch?
Auf den Eskapismus!
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