Oder: Das College Triangle.
Streber, der: jemand, der sich ehrgeizig und in egoistischer Weise um sein Fortkommen in Schule oder Beruf bemüht (Duden)
In der Schule galt ich von der ersten bis zur 13. Klasse gemeinhin als Streberin. Ja, ich hatte fast immer gute Noten, und ja, ich musste nicht viel dafür tun, weil mir viele Dinge zum Glück einfach zugefallen sind. Allerdings habe ich mich selbst nie so eingeschätzt, dass ich mich "in egoistischer Weise" darum bemüht habe, möglichst gute Ergebnisse zu erzielen. Ich habe so gearbeitet, dass ich mit meinen Leistungen zufrieden kann, war dabei aber nie absichtlich unfair zu meinen Mitschülerin. Trotzdem hat eine, die in der fünften Klasse zugibt, abends freiwillig im Schulbuch ein paar Seiten vorzuarbeiten, schnell den Ruf des Strebers weg.
Auch an der Uni hatte ich vor, in meinen Augen gute Leistungen zu erzielen. Gleichzeitg habe ich aber versucht, es zu vermeiden, allzu schnell wieder in der Schubladen der außergewöhnlich strebsamen Nervensägen zu landen. Im ersten Semester habe ich viel gefeiert, noch mehr getrunken und die Uni nebenherlaufen lassen. Ich war glücklich in dieser Zeit, habe Freunde gefunden und Spaß gehabt. Doch nach den ersten Klausuren war ich von meinen Noten ein wenig enttäuscht. Im zweiten Semester habe ich immer noch viel gefeiert, aber gleichzeitig auch gelernt und meine Veranstaltungen ernsthaft vor- und nachbereitet, und tatsächlich waren die Noten besser. Allerdings habe ich da das College Triangle zu spüren bekommen, denn geschlafen habe ich eher wenig in dem Semester.
Im dritten Studienjahr hatten wir viele Wahlmöglichkeiten für unsere Module, sodass wir Schwerpunkte auf unsere Interessen setzen konnten. Ich habe so viele linguistische Lehrveranstaltungen wie möglich belegt, um Einblicke in möglichst viele Teilgebiete zu erhalten. Von der klassichen Syntax und Lexikologie über die kontrastive Übersetzung bis hin zur innig geliebten Soziolinguistik war alles dabei. Und ich muss zugeben: Ich habe in den meisten Seminaren fürchterlich gestrebert. Wieder ohne den Aspekt des Egoismus, aber auch wieder so wie in der fünften Klasse. Als mir dann zum Ende des Wintersemesters eine SHK-Stelle in der romanischen Sprachwissenschaft angeboten wurde, war mir endgültig klar, was ich geworden war - ein Linguistik-Nerd.
Aber: Weder mein Schlaf noch mein soziales Leben sind dabei auf der Strecke geblieben. Ich habe einen Ausweg gefunden aus dem college triangle. Rumstrebern im Seminar gehört zu meinem Studienalltag genauso wie Feiern, Socialisen und Wein trinken. Ich bin gespannt auf das Masterstudium, gespannt darauf, ob ich auch hier wieder zu den Strebern gehören werde, zu denen, die die Materie aufsaugen wie ein Schwamm. Ich habe das Gefühl, es geht gar nicht anders. Ich habe eine Balance in meinem Alltag gefunden, kann alles unter einen (Doktor)hut bringen und freue mich auf mindestens vier weitere Semester zwischen Schlaf, Party und guten Noten.
Auf das Gleichgewicht!
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